Die Entwicklung des Kodokan
Am 28. Oktober 1860 wurde, als dritter Sohn von Kano Jirosaku Mareshiba, KANO JIGORO in Mikage (in der Nähe von Kobe) in der Provinz Hyogo geboren.
Mit seiner Familie zog er 1871 nach Tokyo. Es war eine Zeit, da Japan einer ganzen Serie politischer und kultureller Veränderungen unterworfen war. Das Tokugawa-Shogunat war zusammengebrochen und die kaiserliche Herrschaft war wiederhergestellt worden. Als in diesen Jahren (1876) sogar den Samurai das Tragen von Schwertern verboten wurde, bedeutete dies auch den Niedergang der Kriegskünste. Viele Ju-Jitsu-Meister hatten neue Betätigungen zu suchen.
Bis zu seinem 18. Lebensjahr war Jigoro Kano von schwächlicher Gestalt. Er wurde oft von stärkeren Kameraden eingeschüchtert und geschlagen. In der Folge entschloss er sich, wie auch immer, alles zu unternehmen, um stark und kräftig zu werden. Daher wollte er Ju-Jitsu erlernen. Während dieser Zeit war es allerdings nicht gerade leicht, einen qualifizierten Lehrer zu finden. Schliesslich traf er Teinosuke Yagi, welcher ihm gewisse Grundbegriffe dieser Kunst beibrachte. Daraufhin begann Jigoro Kano an zwei Ju-Jitsu-Schulen zu trainieren. 1877 nahm er bei Meister Fukuda Hachinosuke das Ju-Jitsu-Training der „Tenjin-shinyo-Ryu“ auf, bei welchem er sich vorwiegend für Atemi-Waza und Katame-Waza interessierte. Später (1881) begann er das Ju-Jitsu der „Kito-Ryu“, unter Meister likubo Tsunetoshi zu studieren, welches für Nage-Waza berühmt war.
Seine unermüdliche Energie befähigte ihn, in die tieferen Geheimnisse der beiden Schulen einzudringen. Dabei lernte er auch Techniken anderer Schulen kennen, suchte weitere Lehrer auf und beschäftigte sich mit dem Studium der „Densho“, den geheimen schriftlichen Aufzeichnungen über die Kriegskünste. Beim Zusammenlegen aller Vorzüge der besten Techniken dieser verschiedenen Schulen, sowie durch Hinzufügen eigener Ideen, kam er zur Schaffung eines neuen Systems, das sowohl zum körperlichen und geistigen Training, wie auch zum Durchführen von Wettkämpfen geeignet war.Jigoro Kano nannte dieses System «KODOKAN-JUDO». Er selbst sagte: „Was ich lehre, ist nicht bloss Jitsu – Kunst oder Technik. Natürlich lehre ich Ju-Jitsu, – aber es ist «DO» (Weg oder Prinzip) worauf ich besonderen Wert legen möchte!“. Aus diesem Grund entlehnte er den Begriff „Ju-Do“ von einer einzigen Schule bei der er gebraucht wurde, der „Jikishin-Ryu“. Um sein System nun von der Jikishin-Ryu zu unterscheiden, nannte er es KODOKAN-JUDO, Judo welches im Kodokan gelehrt wird (Kodokan = Halle zum Studium des „Weges“).
Im Alter von 22 Jahren bezieht er im Mai 1882 sein erstes Dojo im Eisho-Tempel (12 Tatami!). Dies bedeutete die Gründung des Kodokan. Zu seinen ersten Schülern gehörten Tomita Tsunejiro, Higuchi Seiko, Arima Junshin, Saigo Shiro u.a. Gleichzeitig wurde J. Kano Dozent an der Gakushuin-Schule, der Schule für adelige in Tokyo.
Die folgenden Jahre verliefen sehr turbulent. Oft wurden seine Schüler von anderen (noch bestehenden) Ju-Jitsu-Ryu zum Kampf herausgefordert. Doch jedesmal konnte Kano Shihan die Überlegenheit seines Systems beweisen. Zugute kamen Kano und seinen Kämpfern auch die für die Vergleichskämpfe festgelegten Regeln. So durften z.B. keine Schlagtechniken eingesetzt werden. Zwei seiner Schüler waren besonders gefürchtet: Saigo Shiro (in Novellen besser bekannt als Sugata Sanshiro) mit seiner Spezialtechnik „Yama-arashi“ und Yokoyama Sakujiro, bekannt als „Teufel“ Yokoyama.
1909 wird Kano-Shihan Mitglied des Internationalen Olympischen Comités.
Dank steigender Popularität des Judo (und damit verbundenem grösseren Platzbedarf) musste der Kodokan insgesamt siebenmal umziehen bis im Dezember 1919 ein grosses Dojo mit 514 Tatami bezogen werden konnte.
Die Entwicklung des Kodokan kann auch sehr gut an der Anzahl Tatami abgelesen werden:
- 12 Matten (Mai 1882, Eishoji Tempel)
- 10 Matten (Februar 1883, Jimocho/Kanada)
- 20 Matten (September 1883, Shihan’s House, Kojimachi)
- 40 Matten (Frühjahr 1887, Mr. Shinagawa’s House, Kojimachi)
- 60 Matten (April 1890, Hongo-ku, Masaga-cho)
- 107 Matten (Februar 1894, Koishikawa-cho, Shimotomisaka-cho)
- 207 Matten (November 1897, Koishikawa, Shimotomisaka-cho)
- 314 Matten (Januar 1898, Otsuka Sakashita-cho)
- 514 Matten (Dezember 1919, 1-chome, Kasuga-cho,Bunkyo-ku)
- 986 Matten (März 1958, 2-chome, Kasuga-cho, Bunko-ku)
1930 fanden die 1. Alljapanischen Judo Meisterschaften statt.Am 4. Mai 1938 erlag Jigoro Kano einer Lungenentzündung an Bord des japanischen Schiffes Hikawa-Maru auf dem Rückweg von Kairo, wo er an einer Konferenz des IOC teilgenommen hatte.
Jigoro Kano machte immer wieder auf den ausgeprägten moralischen und erzieherischen Wert seiner Kunst aufmerksam. So formulierte er auch seine Gedanken zu folgenden Leitmotiven im Judo „Sei Ryoku Zen ‚Yo“ und „Jita Kyoei“: „Wende Deine Energie zum Guten“ und „Wohlergehen für alle“.
Jigoro Kanos Lebenslauf:
- 1860 am 28.Oktober in Mikage geboren
- 1877 begann mit Jiu- Jutsu Training [Lehrer Ryuji Katagiri]
- 1882 Errichtung der ersten Judoschule [Kodokan] auf dem Grund und Boden des Eisho-ji-Tempels in Tokio
- 1889 reiste nach Europa und untersuchte die Bildungsmöglichkeiten
- 1891 heiratete Sumako legte sein Amt als Professor der Gakushuin nieder und wurde Ratgeber des Unterrichtsministeriums, Direktor der „Fünften Nationalen Höheren Schule“ in Kumamoto
- 1893 wurde Leiter der Bibliotheksabteilung des Unterrichtsministeriums, wurde Leiter der „Ersten nationalen Höheren Schule“ ,wurde Leiter der Tokioter Pädagogischen Hochschule
- 1897 legte sein Amt als Leiter der Pädagogischen Hochschule nieder und wurde im Oktober wiederberufen
- 1898 legte sein Amt als Leiter der Pädagogischen Hochschule wieder nieder wurde Leiter der allgemeinen Schulangelegenheitsabteilung des Unterrichtsministeriums
- 1901 wurde wiederberufen als Leiter der Pädagogischen Hochschule
- 1902 Einrichtung einer Schule für Austauschschüler aus China
- 1909 wurde Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees
- 1911 wurde Präsident der Japan- Athletic- Association
- 1912 besuchte die V. Olympischen Spiele in Stockholm
- 1920 legte sein Amt als Leiter der Pädagogischen Hochschule wieder nieder, besuchte die VII. Olympischen Spiele in Antwerpen
- 1922 Rücktritt vom Amt des Präsidenten des Athletik- Verbandes; er wird Ehrenpräsident, Errichtung des Verbandes der Dan- Träger
- 1924 Ernennung zum Professor im Ruhestand der Pädagogischen Hochschule
- 1928 besuchte die IX. Olympischen Spiele in Amsterdam
- 1932 besuchte die X. Olympischen Spiele in Los Angeles
- 1933 besuchte Europa, um Tokio als Stätte für die XII. Olympischen Spiele vorzuschlagen
- 1934 besuchte die Versammlung des Internationalen Olympischen Komitees
- 1936 besuchte die XI. Olympischen Spiele in Berlin
- 1938 erlag am 4. Mai an Bord der SS „Hikawa-Maru“ einer Lungenentzündung. Er befand sich auf dem Heimweg von Kairo, wo das Internationale Olympische Komitee die Durchführung der XII. Olympischen Spiele in Tokio beschlossen hatte